Ort der Bibliothek
Die historische Kirchenbibliothek befindet sich in der Backstein-Hallenkirche St. Marien im Ortskern von Barth am Südufer des Barther Bodden.
Unmittelbar zur Kirche führt die Adresse der Evangelischen Kirchengemeinde: Papenstraße 7, 18356 Barth.

St. Marien Barth Lage von Barth


Erklärvideo über die Kirchenbibliothek (Dauer 2:12 min) ©2020 DARSS-Print, Frank Burger & Cathrin Kilian

Die Sammlung

Sammlungsgebiete
Praktische Theologie–Pastoraltheologie–Predigt–Seminar–Auslegung–Liturgie–Agenda–Katechetik–Schulwesen–Kunst–Kirche und soziale Frage–Fürsorge–Innere Mission–Philologie–Altertum–Geschichte–Astronomie–Pommersche Geschichte–Geschichte außer Deutschland–Geographie–Lexika–Wörterbücher–Politik–Bedeutende Männer–Poetik–Literarische Zeitschriften–Medizin–Kaufmännisches–Technik–Naturkunde–Bibliothekarische Wörterbücher–Kirchliche Zeitschriften–Bibeln–Altes Testament–Neues Testament–Kirchengeschichte–Luther–Melanchthon–Erasmus–Pommersche Kirchengeschichte–Jüdische Geschichte–Kirchl. Jura–Weltl. Jura–Kirchenordnungen–Synoden–Biographien–Juristische Zeitschriften–Biographie–Systematische Theologie–Dogma–Philosophie–Polemik–Symbolik–Ethik

Erscheinungsorte (Auswahl)
Danzig–Riga–Stettin–Königsberg–Stargard–Stockholm–Uppsala–Carlskrona–Warschau–Prag–Temeschwar–Genf–Basel–Strasburg–Amsterdam/Batavia–Antwerpen–Venedig–Wittenberg–Breslau–Bayreuth–Nürnberg–Erlangen–Tübingen–Leonberg–Leipzig–Dresden–Erfurt–Chemnitz–Freiberg–Halle–Langensalza–Mühlhausen/Thür.–Köln–Unna–Gütersloh–Frankfurt am Main–Berlin–Greifswald–Stralsund–Rostock–Lübeck–Barby–Barth–Stade–Kiel–Hamburg–Altona–Bremen–Hannover–Göttingen–Lüneburg–Celle –Helmstedt–Ratzeburg

Bibliotheksgeschichte
Bislang wurde angenommen, dass eine Bibliotheca Bardensis erstmals 1451 genannt wurde (Testament des Priesters Otto Bere). Im August 2013 entdeckte Dr. Falk Eisermann von der Staatsbibliothek zu Berlin, Mitglied des Fachbeirats des Fördervereins Kirchenbibliothek St. Marien Barth e.V., nun in der historischen Forschungsliteratur eine Quelle, die belegt, dass die Büchersammlung bereits über fünfzig Jahre früher existiert hat: Am 3. Juni 1398 vermachte nämlich der Barther Pfarrer Hermann Hut (Hoet) in seinem Testament der Barther Kirche eine Reihe von Büchern. Das Testament ist in einem sogenannten Kopialbuch im Landeskirchlichen Archiv Schwerin in einer Abschrift aus dem 15. Jahrhundert überliefert.

Huts Schenkung umfasste vor allem Predigten, unter anderem von dem Prämonstratenser Johannes von Abbeville, daneben ein „Passionale“, die priesterlich-liturgischen Handbücher „Rationale divinorum officiorum“ und „Compendium theologicae veritatis“ sowie ein Buch, das Hut als „viaticum meum“ bezeichnet; es soll, so legt er fest, im Chor der Kirche zum allgemeinen Nutzen der Kleriker aufbewahrt und angekettet werden. Bemerkenswert in dem umfangreichen lateinischen Testament ist der Umstand, dass Huth von einer „wiederherzustellenden Bibliothek“ (liberaria restauranda) spricht. Offenbar war also ein älterer Buchbestand zuvor bereits vorhanden und in irgendeiner Weise vernachlässigt worden.

Zu dieser Zeit dürften in der Barther Kirchenbibliothek nur wenige Bücher vorhanden gewesen sein, vermutlich ausschließlich liturgische Literatur für den Messdienst und Werke zur Anfertigung von Predigten. Durch kleine Schenkungen Barther Priester ist der Bestand nach und nach vermehrt worden, u.a. durch noch heute vorhandene private Gebetbücher.

Nach 1470, mit der Verbreitung der Buchdruckerkunst in ganz Europa, werden die Schenkungen der Kleriker fast ausschließlich Inkunabeln gewesen sein. Davon zeugt u.a. eine siebenbändige Sammlung theologischer und kirchenrechtlicher Grundlagenliteratur mit allein sechzehn Inkunabeln und mehreren Handschriften. Die Barther Kirchenbibliothek, deren ursprünglicher Standort nicht genau bekannt ist, scheint bis 1545 kaum mehr als drei bis vier Dutzend Bände mit lateinischer Literatur für den Pfarrklerus umfasst zu haben. Zu einer passablen evangelischen Predigerbibliothek mit ca. 150 bis 180 Bänden wird sie erst durch den Barther Reformator Johannes Block, der seine gesamte Bibliothek von heute noch 123 Bänden mit mehreren Handschriften, 48 Inkunabeln und 221 Frühdrucken der Marienkirche vermacht hat (1545).

Im ausgehenden 16. Jahrhundert sind dann lediglich noch Schenkungen einzelner Bände bekannt, wobei es von Bedeutung ist, dass als Schenker bzw. Benutzer der Bibliothek nachweisbar Rektoren oder Lehrer der im 14. Jahrhundert gegründeten Stadtschule vermerkt sind, die Sammlung also auch als Arbeitsgrundlage für das Lehrpersonal gedient hat.

Schließlich gelangen in der Folge der durch den Herzog der Residenzstadt Barth initiierten Einrichtung einer Druckwerkstatt reformatorische Texte in der Volkssprache in die Bibliothek, außerdem vereinzelte Geschenke des Fürstenhauses und der Hofmitglieder. Allerdings handelt es sich, wie auch in der Folgezeit, nur um sporadische Zuwächse des Bestandes. Er wird um 1666 mit nur 374 Bänden, am Ende des 18. Jahrhunderts mit kaum 700 Bänden angegeben. Die Ausstrahlung der Barther Kirchenbibliothek scheint also bis in die Aufklärung hinein eher begrenzt gewesen zu sein.

Das ändert sich interessanterweise mit der Gründung einer örtlichen Lesegesellschaft (1795). Die unter den Mitgliedern zirkulierenden Bücher sind nach der Lektüre in den Besitz der Kirchenbibliothek übergegangen. Somit hat ein Wandel von einer theologisch-pädagogischen Bibliothek, die im Wesenskern von Latein geprägt gewesen ist, zu einer bürgerlich-literarischen Bibliothek mit stärkerem volkssprachlichem Anteil stattgefunden. Er ist begleitet gewesen von einem Anwachsen des Bestandes auf 1744 Bände in nur zwei Jahrzehnten (1812).
Ihren quantitativ stärksten Anstieg kann die Barther Kirchenbibliothek im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts verzeichnen, bedingt durch die aufkommende industrielle Fertigung von Büchern (Gesamtbestand 1900: 4000 Bände).

Im 20. Jahrhundert scheinen nur sporadisch neue Bücher angeschafft worden zu sein. Die beiden Weltkriege hat die Kirchenbibliothek ohne nennenswerte Schäden und Verluste überstanden.

Die Bibliotheca Bardensis, für einige Jahrhunderte das einzige große „Informationszentrum“ der Stadt, ist heute eine ruhende Traditionsbibliothek. Mit den hier in reicher Anzahl vorhandenen Drucken und Handschriften des späten Mittelalters und der Reformationszeit sowie den über Jahrhunderte hinweg stetig ausgebauten und ohne große Verluste erhalten gebliebenen Beständen des Barock und der Aufklärung stellt sie ein einzigartiges Kulturdenkmal dar. Es bietet der Forschung eine Fülle ausgesprochen seltenen, wertvollen und größtenteils noch nicht erkundeten Materials.

Literatur:
Fabianhandbuch / Jürgen Geiß, Die Kirchenbibliothek zu St. Marien, in: Stadt Barth - Beiträge zur
   Stadtgeschichte, Schwerin 2005

Auswahlbibliographie zur Geschichte der Kirchenbibliothek St. Marien Barth

Copyright: Förderverein Kirchenbibliothek St. Marien Barth e.V.